Auf Seite 7 der «SonntagsZeitung» vom 22. März 2015 wird dem Bundesrat bzw. der Chefin des EJPD vorgeworfen, in manipulativer Absicht die Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR) betreffend Fristansetzung für die Volksabstimmungen per 1.3.2015 in Kraft gesetzt zu haben, um der SVP zu schaden, indem über die Durchsetzungsinitiative nicht im November abgestimmt werden muss.
Diese Darstellung ist falsch. Richtig ist:
Die Änderung von Art. 75a. Abs. 3bis BPR geht nicht auf den Bundesrat zurück. Sie geht auf einen Antrag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) vom 16.1.2014, bzw. der Schwesterkommission des Ständerats (SPK-S) vom 11.4.2014 zurück. Berichterstatter Stöckli erklärte im Ständerat am 10.6.2014, es sei ein Antrag von Thomas Minder gewesen.
Die vorzeitige Inkraftsetzung von Art. 75a geht ebenfalls nicht auf den Bundesrat zurück. Sie ist ein Wunsch der SPK-N. Nationalrat Rudolf Joder (SVP) hat als Berichterstatter der SPK-N am 15.9.2014 im Nationalrat ausgeführt: «Abschliessend erlaube ich mir, noch eine Bemerkung zuhanden des Bundesrates zu Artikel 75a zu machen: Auf Antrag der SPK beider Räte soll in Artikel 75a die Frist verlängert werden, in welcher der Bundesrat im Jahr der Nationalratswahlen Volksabstimmungen über Volksinitiativen ansetzen muss. Wenn die Revision dieses Gesetzes in der Schlussabstimmung am Ende der Session angenommen wird, muss dieser Artikel 75a nach Ablauf der Referendumsfrist per 1. März 2015 in Kraft gesetzt werden. Dies ist notwendig, damit über Volksinitiativen, die in der Frühjahrssession 2015 in die Schlussabstimmung der eidgenössischen Räte kommen, nicht zu einem unmöglichen Zeitpunkt, nämlich einen Monat nach den Nationalratswahlen, abgestimmt wird. Mit dieser Erklärung bitten wir den Bundesrat, die dargestellte besondere zeitliche Situation bei der Festlegung der kommenden Abstimmungstermine zu berücksichtigen. Wir hoffen, dass uns der Bundesrat erhört.» (Quelle: Nationalrat - Herbstsession 2014 - Sechste Sitzung - 15.09.14-14h30, Geschäft 13.103 Link: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=27595#votum35 Votum Joder zu Art. 75a Abs. 1-3, 3bis und Art. 85)
Am 28. Januar 2015 hat der Bundesrat dem Wunsch des Parlaments Rechnung getragen und Art. 75a, Absatz 3bis BPR per 1. März 2015 in Kraft gesetzt. Die Inkraftsetzung der Teilrevision ist vom Bundesrat gleichentags ordnungsgemäss kommuniziert worden. Die Medienmitteilung dazu findet sich hier: https://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=56046
http://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2014/7271.pdf- Ebenfalls anders als in der «SonntagsZeitung» dargestellt, wurden die Kantone von der Bundeskanzlei nie informiert, dass der Abstimmungstermin von November ausfalle. Vielmehr steht in dem von der «SonntagsZeitung» erwähnten Schreiben: «Mit der Frage nach einem möglichen Verzicht auf die Nutzung des Abstimmungstermins vom 29. November 2015 wird die BK [Bundeskanzlei] den Bundesrat befassen, sobald mit abschliessender Sicherheit feststeht, dass keine Vorlage zu diesem Termin hin zur Abstimmung gelangen muss. Dazu gilt es auch die Beratungen der eidgenössischen Räte im Rahmen der Frühjahrssession abzuwarten. Die Stellungnahme der Kantone wird die BK dem Bundesrat im Vorfeld eines allfälligen Verzichtsentscheids zur Kenntnis bringen.»
Entsprechend hat Bundesrat über eine mögliche Abstimmung im November noch nicht entschieden. Ein Entscheid des Bundesrats folgt jeweils wenigstens 4 Monate vor dem Abstimmungstermin.
- Der November-/Dezembertermin wird in Wahljahren seit 27 Jahren nicht genutzt. Letztmals fand im Jahr 1987 eine Abstimmung unmittelbar nach den eidgenössischen Wahlen statt (06.12.1987: BB zur «Bahn 2000» und Volksinitiative «zum Schutz der Moore - Rothenthurm-Initiative»). Dies geht einerseits auf einen Wunsch der Kantone und der politischen Parteien zurück. Anderseits wäre es auch staatspolitisch nicht ganz unbedenklich, wenn der Bundesrat während des Wahlkampfs eine Abstimmung ansetzen und somit möglicherweise den Wahlkampf beeinflussen würde.
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