Eidgenössische Volksinitiative 'zur Bekämpfung der Teuerung'

Die Volksinitiative lautet:

Die Initiative verlangt die Ergänzung der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung durch einen Artikel 13 mit folgendem Wortlaut:

I

Absatz 1

Zur Bekämpfung der Teuerung bildet der Bund einen Eidgenössischen Solidaritäts-Fonds. Der Bundesrat bestellt eine aus 13 Mitgliedern bestehende Fondsleitung, in der die interessierten Organisationen der Wirtschaft angemessen vertreten sein sollen. Der Präsident, 2 Vizepräsidenten und die weiteren 10 Mitglieder werden jeweilen für eine Amtsdauer von 4 Jahren gewählt.

Absatz 2

Die Mittel des Fonds sind zur Finanzierung von Massnahmen zu verwenden, die der Stabilisierung der Mietzinsen und der Preise von Waren und Dienstleistungen des lebensnotwendigen Bedarfes dienen, vornehmlich für:

  1. die Gewährung von Darlehen an Grundeigentümer für neu zu erstellende Mehrfamilienhäuser mit preisgünstigen Wohnungen mit Einschluss von Alterswohnungen. Diese Darlehen können bis zu 100% des Verkehrswertes der Wohnungsteile gehen und sind zu Bedingungen zu gewähren, durch die ein Anstieg der Mietzinse für diese Wohnungen verhindert wird;
  2. die Gewährung von Darlehen mit Amortisationspflicht bis zu 100% des Verkehrswertes an natürliche Personen, die eine preisgünstige Eigentumswohnung für den eigenen Wohnbedarf erwerben. Der Zinssatz dieser Darlehen ist so festzulegen, dass der Gesamtaufwand ohne Amortisation nicht mehr beträgt als der Mietzins für ein entsprechendes Objekt;
  3. die Gewährung von zinsgünstigen Darlehen mit Amortisationspflicht für preisgünstige Einfamilienhäuser, an landwirtschaftliche Betriebe sowie zur Verbesserung der Wohnverhältnisse in den Berggebieten;
  4. die Gewährung von zinsgünstigen Darlehen für den Bau von Spitälern, Altersheimen und Alterswohnungen, soweit sie gemeinnützig erstellt und betrieben werden;
  5. die Gewährung von zinslosen Darlehen an Pflegeheime, soweit sie gemeinnützig erstellt und betrieben werden;
  6. die Gewährung von zinsgünstigen Darlehen an Kantone und Gemeinden für Erschliessungshilfe und für andere Infrastruktur-Aufgaben, soweit sie einem dringendend öffentlichen Bedürfnis entsprechen;
  7. die Gewährung von zinsgünstigen Darlehen für den Erwerb von Grundstücken und Rechten an solchen gegen Verpflichtung der Erstellung von Bauten mit preisgünstigen Wohnungen;
  8. den Erwerb von Grundstücken für Rechnung des Fonds zwecks Ausschaltung der Spekulation und zur Förderung von Grossüberbauungen, unter Berücksichtigung der Ziele der Raumplanung.

Für Luxushäuser und Luxuswohnungen sowie für Zweitwohnungen dürfen keine Fondsmittel eingesetzt werden.

Absatz 3

Der Fonds wird geäufnet durch:

  1. eine Exportabgabe bis 5% des Warenwerts franko Grenze auf Waren, die aus dem freien inländischen Verkehr ausgeführt werden, sowie vom Wertzuwachs auf Waren, die im Freipassverkehr im Inland einer Bearbeitung unterzogen worden sind.
  2. eine jährliche Expansionsabgabe auf der Zunahme des steuerbaren Reinertrages der im Handelsregister eingetragenen natürlichen und juristischen Personen des privaten Rechts, soweit diese Zunahme im Vergleich zum Vorjahr mindestens den Betrag von fünfhunderttausend Franken erreicht. Die Expansionsabgabe beträgt bei einer Zunahme bis zu zehn Millionen Franken bis 10% und bei über zehn Millionen Franken bis 20%. Unternehmen, die direkt oder indirekt einen beherrschenden Einfluss auf andere Unternehmungen des privaten Rechts mit Sitz in der Schweiz ausüben, sind auch für diese abgabepflichtig, soweit diese nicht selbst der Abgabepflicht unterstehen.

Wer gemäss diesen Bestimmungen zur Bezahlung sowohl der Exportabgabe als auch der Expansionsabgabe verpflichtet wäre, entrichtet nur die Abgabe, die den höheren Betrag ausmacht.

  1. eine Investitionsabgabe bis 10% der Baukosten von Tief- und Hochbauten, die nach der Annahme des Volksbegehrens in Angriff genommen oder fertiggestellt werden. Ausgenommen sind:
  2. der Bau von preisgünstigen Wohnungen und preisgünstigen Einfamilienhäusern sowie von Alterswohnungen, von Alters- und Pflegeheimen und von Krankenanstalten aller Art

  • Bauten für landwirtschaftliche Betriebe
  • Bauten zur Verbesserung der Wohnverhältnisse in den Berggebieten
  • Bauten, die einem dringenden öffentlichen Interesse entsprechen.

Zur Beeinflussung des Investitionsvolumens kann der Bundesrat nötigenfalls weiter bestimmen, dass die im Handelsregister eingetragenen natürlichen und juristischen Personen des privaten Rechts den Aufwand für Bau-, Ausrüstungs- und Beteiligungs-Investitionen, soweit er eine Million Franken jährlich übersteigt, bis zu 50% durch Eigenkapital finanzieren müssen. Dieses Eigenkapital ist in der Bilanz auszuweisen, soweit der Investitions-Aufwand nicht abgeschrieben wird.

Absatz 4

Der Fonds kann zusätzliche Mittel durch die Aufnahme von Darlehen und die Ausgabe von Anleihen, für die der Bund die Haftung zu übernehmen hat, bis zum dreifachen Betrag der eigenen Mittel beschaffen. Im Falle einer Emissionskontrolle hat der Fonds für seine Anleihen Anspruch auf Berücksichtigung vor allen andern Schuldnern. Der Bundesrat kann nach Anhören der Fondsleitung bestimmen, dass Anleihen des Fonds von der Quellensteuer und allfälligen Plazierungsbeschränkungen befreit werden.

Absatz 5

Von der Abgabepflicht ist befreit:

  • wer von ihr unverhältnismässig hart betroffen würde
  • wer mit seiner Geschäftstätigkeit einen wichtigen Gemeinwohlzweck erfüllt.

Von der Vorschrift der teilweisen Finanzierung der Investitionen durch Eigenkapital sind befreit:

  • Investitionen für den preisgünstigen Wohnungsbau
  • Investitionen für landwirtschaftliche Betriebe
  • Investitionen für Beteiligungen im Ausland

Nach Anhören der Fondsleitung kann der Bundesrat

  • einzelne Waren von der Exportabgabe befreien
  • weitere Bauten von der Investitionsabgabe ausnehmen
  • die Abgabesätze unter Berücksichtigung der Lage der Wirtschaft und des Wohnungsmarktes sowie der finanziellen Bedürfnisse des Fonds senken, erhöhen oder vorübergehend aufheben
  • weitere Investitionen von der Vorschrift der teilweisen Finanzierung durch Eigenkapital befreien.

Absatz 6

Soweit für Kantone und Gemeinden die Voraussetzungen für den Erlass der Investitionsabgabe erfüllt sind, kann der Bundesrat nach Anhören der Fondsleitung die Befreiung vom Erfordernis eines ausgeglichenen Gesamthaushalts abhängig machen. Das gleiche gilt für die Gewährung zinsgünstiger Darlehen.

Absatz 7

Bis zur Herstellung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes mit stabilen Mietzinsen und einem Leerwohnungsbestand von mindestens 0,5% kann der Bundesrat nach Anhören der Fondsleitung für die Ausführung von privaten und öffentlichen Bauvorhaben oder für einzelne Kategorien davon eine Bewilligungspflicht einführen und den Handel mit Grundstücken einer Kontrolle unterstellen. Bauvorhaben, die von der Investitionsabgabe befreit werden, unterstehen keiner Bewilligungspflicht.

Absatz 8

Darlehen sind vom Fonds soweit möglich durch Vermittlung von Banken zu gewähren.

Absatz 9

Auf Verfügungen, die gestützt auf diesen Verfassungsartikel erlassen werden, finden die allgemeinen Bestimmungen der Gesetzgebung über die Bundesrechtspflege Anwendung.

Absatz 10

Wer den Bestimmungen über die teilweise Finanzierung von Investitionen durch Eigenkapital zuwiderhandelt, wird mit Busse bestraft. Bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung kann die Busse bis zur vollen Höhe, bei fahrlässiger Zuwiderhandlung bis zur Hälfte des fehlenden Eigenkapitals festgesetzt werden. Wer den übrigen Bestimmungen dieses Artikels zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu hunderttausend Franken bestraft. Handelt der Täter fahrlässig, so beträgt die Busse bis zu fünfzigtausend Franken. Der Bundesrat erlässt die näheren Bestimmungen für die Durchführung des Strafverfahrens.

Absatz 11

Im Einvernehmen mit der Fondsleitung erlässt der Bundesrat die erforderlichen Vollzugsbestimmungen.

Absatz 12

Fondsleitung und Bundesrat haben jährlich über die auf Grund dieses Artikels getroffenen Massnahmen und ihre Auswirkungen zuhanden der Bundesversammlung Bericht zu erstatten.

Absatz 13

Die Bestimmungen dieses Artikels haben Gültigkeit bis zur Übernahme seiner Grundsätze in die Ausführungsgesetzgebung zu einem geänderten Artikel 31quinquies der Bundesverfassung mit dem Ziel einer ausgeglichenen konjunkturellen Entwicklung zur Verhütung von Arbeitslosigkeit und zur Bekämpfung der Teuerung.

II

Der Verfassungsartikel tritt nach Annahme durch Volk und Stände mit dem Erwahrungsbeschluss sofort in Kraft.

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Letzte Änderung 19.04.2024 0:03

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