Über Trump und unser Verhältnis zur Aussenpolitik

Referat am Tagesanzeiger-Meeting 2020 von Bundeskanzler Walter Thurnherr am 30. Januar 2020 in Zürich.
 

“In the realm of political action, laws are few
and far indeed: skills are erverything.”
Isaiah Berlin
 

Wer mit der Schweiz verhandelt, wird zuweilen verzagen und verzweifeln, wird händeringend auf die Uhr und den Kalender schauen, und er wird die Übersicht verlieren über all die Ansprechpartner: die Regierung, die aus einem siebenköpfigen Kollegium besteht, die Bundespräsidenten, die jährlich wechseln, die parlamentarischen Kommissionen und die Parteien, die Kantone und die Verbände, die alle etwas anderes fordern. Er wird sich Geduld auferlegen und diese später wieder bereuen, wird beschwören, drücken, ziehen, telefonieren und neuformulieren, um am Schluss verärgert festzustellen, dass man noch nicht dort ist, wo man sein wollte, obwohl man es doch nur gut meinte. Und er wird vielleicht mit der Zeit vermuten, dass hinter dem ganzen scheinbaren Chaos ein raffinierter Plan oder eine bauernschlaue Taktik stecke. Und würde damit nur beweisen, dass er nichts von der Schweiz verstanden hat.

Ja, wer mit der Schweiz verhandelt, trifft auf anständige Leute, auf Diplomaten mit Kompetenz und juristischem Sachverstand, auf generelle Kompromissbereitschaft und auf guten Willen. Aber er sollte sich deswegen nicht täuschen lassen. Denn in der Aussenpolitik funktioniert die Schweiz anders. Wir sind in diesem Punkt nicht wie Österreich oder Deutschland, einfach ein bisschen kleiner und bockiger. Und wir waren es nie. Einer, der das schnell erkannt hatte und dann korrigieren wollte, war Napoleon. 1803 schuf er nicht nur das Amt des Bundeskanzlers – was schon mal für ihn sprechen dürfte –, sondern auch das Amt des Landammans der Schweiz, der die Stimme des Landes und der Ansprechpartner gegen aussen werden sollte. Die Kantone waren dagegen. Doch deren Bedenken wischte der französische Kaiser mit dem Argument zur Seite – ich zitiere:

“Sollte ich etwas von Euerm Landamman fordern, das er mir nicht gewähren wollte, so würde ich ihm die Absendung von zwanzigtausend Mann drohen und er müsste gehorchen. Muss ich mich hingegen an den einzelnen Kanton wenden, so wird der Entscheid von einer Behörde zur andern geschoben, jede declinirt gegen mich ihre Kompetenz, und antwortet mir, kommt, esset unsere Berge. Zuletzt muss die Tagsatzung einberufen werden, dazu bedarf es zweier Monate Zeit, und während diesem Verschube zieht das Gewitter vorüber, und Ihr seid gerettet. Hierin liegt die wahre Politik der Schweiz.”  (Thomas Maissen: «Geschichte der Schweiz»)

Es ist nicht erstaunlich, dass 1815 mit dem Abgang von Napoleon auch der Landamman wieder aus der schweizerischen Ämterlandschaft verschwand. Gegen aussen tritt die Schweiz seit 1848 siebenköpfig auf, und bekanntlich ist auch das nicht die ganze Wahrheit: «Vielköpfig», «vielschichtig», «vorsichtig» und zum Teil «undurchsichtig» würde es wohl besser treffen, aber bestimmt nicht gemäss einem geheimen «Plan», der jedem Meinungsträger eine bestimmte Rolle als Unruhestifter zuteilt, damit sich das aussenpolitische Gegenüber schliesslich entnervt oder verwirrt zurückzieht.

Ein anderes Beispiel: Ich gehe davon aus, die meisten von Ihnen waren letzte Woche in Davos am WEF, heute geht ja jeder ans WEF…

Alle haben gesehen: Auch Donald Trump war Gast am diesjährigen Forum. Aber nur wenige dürften wissen, dass vor genau 80 Jahren schon einmal ein «Trump» für Schlagzeilen in der Schweiz sorgte. Damals hiess er Georg Trump (deutsch gesprochen) und war Presseattaché an der deutschen Botschaft in Bern. Dieser andere Trump verlangte 1940 mit dem Selbstbewusstsein der militärisch Erfolgreichen, die bis auf die Schweiz und Grossbritannien ganz Westeuropa erobert hatten, dass nun auch die Schweizer Zeitungen die neuen Machtverhältnisse anerkennen sollten. Konkret, Georg Trump sprach vor und forderte den Rücktritt des Chefredakteurs des «Bund», Ernst Schürch, der im Vorfeld nicht unbedingt durch eine nazifreundliche Feder aufgefallen war.

 
 
Bild: Photopress

(Das ist ein Bild von Ernst Schürch. Wahrscheinlich wurde es genau in dem Moment aufgenommen, als er mit Georg Trumps Rücktrittsforderung konfrontiert wurde. Trump hatte im Übrigen nicht nur Schürch im Visier, sondern auch Albert Oeri von den Basler Nachrichten und Willy Bretscher von der NZZ). 

 

Ob, wie es später hiess «diese Intervention allein dem Wunsch des aktivistischen Botschaftsangestellten entsprang, um einigen renitenten Schweizern den Meister zu zeigen, oder ob sie Teil einer wo immer im Gewirr rivalisierender deutscher Instanzen ausgeheckten Gesamtstrategie war» (Herbert Lüthy: «Die Disteln von 1940», 1973), lässt sich aus den Akten nicht mehr erschliessen. Auf jeden Fall ging der Schuss nach hinten los. Binnen vierzehn Tagen waren Parlamentarier aller Parteien des Kantons Bern, die Mitte Juli zusammengetretene Bundesversammlung und der von allen Seiten bedrängte Bundesrat in Bewegung. Der Verlagsinhaber des Bunds, bei dem Trump interveniert hatte, beeilte sich, dem Bundespräsidenten in einem Eilbrief seine Entschlossenheit zu bestätigen, dem Druck des deutschen Presseattachés nicht nachzugeben. Und statt, wie eigentlich beabsichtigt, einige Monate später in Pension zu gehen, wurde Schürch geradezu genötigt, noch ein Jahr länger im Amt zu bleiben. Dem Versuch, durch eine Intervention von aussen, die schweizerischen Redaktionen zum Schweigen oder zum angepassten Schreiben zu bringen, war innert wenigen Wochen die Luft ausgegangen.

Ich erwähne diese «Trump-Affäre», wie sie auch genannt wurde, aus zwei Gründen: Erstens weil ich damit den Namen «Trump» in den Titel dieser Rede einbauen konnte, was einem Vortrag vor zürcherischem Publikum stets eine willkommene weltläufige Note verleiht. Und zweitens, weil der Historiker Herbert Lüthy knapp dreissig Jahre später diese Episode zum Anlass nahm, den Auftritt der Schweiz gegen aussen in jener Krisenzeit zu beschreiben, und dabei ein derart scharfes Bild zeichnete, dass einem seine Analyse immer dann in den Sinn kommt, wenn andere mit uns verhandeln und sich dann wundern, in welchen Ameisenhaufen sie gestochen haben. Unter anderem schrieb Lüthy:

«Von aussen (…) stellte sich die Schweiz nicht so sehr als ein einig Volk von Brüdern dar, wie ein Land unendlich ineinander verhängter Klüngel, Cliquen und Lobbys, in deren dichten Geflecht sich jeder (...) äussere Eingriffsversuch hoffnungslos verstrickte und erschöpfte (…) Die Schweiz der schwülen Hochsommertage 1940 war ein Land ohne Führer- und Vatergestalt, ohne vereinbartes Losungswort und ohne koordinierendes Zentrum (…). Die Autorität, die letzte Zuständigkeit, war nie genau lokalisierbar. «Führerlosigkeit» ist der politische Normalzustand der Eidgenossenschaft, und es bedurfte einer äussersten Krisensituation, ihn als Anomalie empfinden zu lassen» .

Meine Damen und Herren, wer kritisch zurückschaut, wird mehr als eine oder zwei Episoden unserer Geschichte finden, in der die Schweiz alles andere als wie ein «einig Volk von Brüdern» aufgetreten war. Ob bei Marignano, am Wiener Kongress, zu Beginn des Ersten oder eben im Zweiten Weltkrieg, ob bei der Auseinandersetzung um das Bankkundengeheimnis oder bei den Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU: Aussenpolitische «Führerlosigkeit» ist bis heute der Normalzustand der Eidgenossenschaft. Und in aller Regel ist das auch gar nicht schlecht so! Denn wer mit der Schweiz verhandelt, wird bald merken: Die verhandeln nicht nur mit uns, sondern gleichzeitig untereinander! Zum Teil härter und giftiger als gegen aussen. Letztlich machen sie keinen Unterschied zwischen Innenpolitik und Aussenpolitik: Alle, die von einem Entscheid betroffen sind, möchten miteinbezogen werden, mitbestimmen oder abstimmen können. Es ist eben ein Land unendlich ineinander verhängter Klüngel, Cliquen und Lobbys, in deren dichtem Geflecht sich äussere Eingriffsversuche oft hoffnungslos verstricken und erschöpfen. Und ja, zum Glück ein Land ohne Führer- oder Vatergestalt und ohne letzte Zuständigkeit, ausser eben alle zusammen.

Ich persönlich habe auch nie verstanden, weshalb wir uns deswegen genieren sollten. Nichts ist peinlicher als im Ausland einem Schweizer Politiker, Diplomaten oder Unternehmer zuhören zu müssen, wenn dieser sich für unsere «speziellen Verhältnisse» oder Entscheidmechanismen fast entschuldigt oder überhaupt glaubt, sich weltmännisch geben zu müssen, indem er die Kleinheit unseres Landes, die Enge unserer Täler oder den dadurch angeblich etwas eingeschränkten Horizont des Durchschnittsbürgers bedauert, um die Langsamkeit der direkten Demokratie zu erklären.

Nein, es sollte uns weniger stören, wenn andere sich daran stören, wie wir entscheiden, als es uns nachdenklich stimmen sollte, dass wir trotzdem immer weniger selbst entscheiden können. Es sollte uns zu denken geben, dass wir in kaum einem politischen Bereich eine derart leidenschaftliche, schwierige, zum Teil schwülstige Debatte führen wie auf dem Gebiet der Aussenpolitik. Wir sollten aufpassen, dass sich deswegen unsere Institutionen nicht noch mehr um die Lufthoheit in der aussenpolitischen Diskussion zanken. Und wir sollten uns auf die anstehenden internationalen Veränderungen so gut wie möglich vorbereiten. Ich möchte das anhand folgender drei Beobachtungen erläutern und in einen etwas grösseren Kontext stellen.

 

Kein Konsens in den aussenpolitischen Kernpositionen

Erstens, aussenpolitisch ist die Schweiz ein Land in besonderen Umständen. Jahrzehntelang hatte sie sich mit ihrer selbstauferlegten Enthaltsamkeit erfolgreich, vor allem wirtschaftlich erfolgreich, im Windschatten der Weltpolitik positionieren können. Und erst der 1995 im Rahmen der Auseinandersetzung über die sogenannten nachrichtenlosen Konten und die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg über unser Land hereingebrochene Sturm machte vielen, die sich bis dahin nur Zuspruch oder mindestens Respekt aus dem Ausland gewohnt waren, bewusst, wie sich auf der aussenpolitischen Bühne Ellenbogen anfühlen, wenn kräftig geschubst wird. Vorher verstanden wir uns zwar als ein Teil der Staatengemeinschaft, aber dann doch als ein vom Schicksal privilegierter Teil. Für uns waren die sogenannten «auswärtigen Angelegenheiten» wie Treibhölzer, die im Fluss vorbeischwimmen und von kräftigen Unwettern und Stürmen weiter hinten oder weiter oben zeugen. Wir schauten ihnen nach, mit Schauern oder mit Anteilnahme, aber immer vom sicheren Ufer aus und mit der Gewissheit, dass das Hochwasser nicht bis zu uns hinaufsteigen würde. Zwar konnten wir uns nur teilweise erklären, wie wir diese glückliche Position verdient hatten, aber wir waren dankbar dafür, auch ein bisschen stolz, und wir hielten sie letztlich für auf lange Zeit gesichert. Das Ausland war das Ausland, und wir waren wir. Und dazwischen gab es noch den Handel oder «Schweiz Tourismus» oder «Pro Helvetia». Aber im Wesentlichen gab es zwischen diesen Teilen, dem Ausland und uns, keine politische Verbindung. Ich meine, heute ist das unvorstellbar, aber bis Anfang der 1990er-Jahre hat der Bundespräsident das Land praktisch nie verlassen, es sei denn – aber auch das erst seit 1974 – für Beerdigungen amtierender Staatspräsidenten (1974 vertrat mit Bundesrat Ernst Brugger erstmals ein amtierender Bundespräsident die Schweiz an einer Trauerfeier - jene des französischen Präsidenten Georges Pompidou - im Ausland). 1981 verzichtete Bundespräsident Kurt Furgler darauf, den von ihm begleiteten jährlichen Botschafterausflug nach Liechtenstein zu unternehmen, weil der Protokollchef grosse Bedenken geäussert hatte: «Liechtenstein sei trotz Zoll- und Währungsunion noch als Ausland zu betrachten» (Urban Kaufmann: «Auslandreisen der Schweizer Bundesräte 1919 bis 1993, die Gewöhnung an das Aussergewöhnliche»). Und ins Ausland reist man nicht. An Bundesratssitzungen war Aussenpolitik fast nie ein Thema. Als im November 1989 in Berlin die Mauer fiel, veröffentlichte der Tagesanzeiger folgenden (inzwischen wieder bekannten) Artikel über die Reaktion der Regierung.

 

Offenbar war kein Mitglied des Bundesrates bereit, das Ereignis in Berlin, das die ganze Welt beschäftigte, zu kommentieren. Der Journalist ärgerte sich sichtlich darüber, und er schrieb: «Schon fast kabarettwürdig ist angesichts des Gewichtes der Ereignisse die Antwort des EDA-Sprechers auf die Frage, ob Aussenminister René Felber bereit sei, eine Stellungnahme abzugeben: ‘‘Es ist unmöglich, dass Bundesrat Felber zu allen politischen Ereignissen gegenüber Journalisten Stellung nehmen kann. Schliesslich geschieht fast jeden Tag etwas Wichtiges’’».

Die Krise im Zusammenhang mit den nachrichtenlosen Konten war ein Schock, die Neuorientierung nach dem EWR-Nein war nicht ganz so einfach, und die im Ausland als spitzfindig wahrgenommene Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung war umstritten. Plötzlich stellten andere unser Eigenbild grundsätzlich in Frage, was mindestens einem Teil der politischen Zunft sichtlich zusetzte. Und es dünkt einen bis heute, wir hätten nicht mehr richtig Tritt gefasst. Zwar haben wir uns gelöst vom Reflex, jede kleinste aussenpolitische Entscheidung sofort auf ihre neutralitätspolitische Kompatibilität zu prüfen, so wie das bis 1990 der Fall war. Und wir sind uns vielleicht sogar in gröbsten Zügen einig geblieben, was wir aussenpolitisch nicht wollen. Aber es entfachte sich in den 1990er-Jahren eine teilweise äusserst aufgeladene und bis heute anhaltende Debatte, vom EWR über einen allfälligen EU-Beitritt bis zur Frage nach der UNO-Mitgliedschaft, von der Personenfreizügigkeit bis zum institutionellen Rahmenabkommen. Und es wurden dabei Adjektive verwendet und Schimpfworte verteilt, als ob man nicht auch in aussenpolitischen Fragen in guten Treuen geteilter Meinung sein könnte. Was nur verdeutlicht, dass bis heute keine Einigkeit darüber besteht, was eigentlich die Rolle der Schweiz in der internationalen Staatengemeinschaft sein soll, und dass wir permanent daran sind, dieses Ei auszubrüten.

 

Was sich bei uns ändert, weil es sich im Ausland ändert.

Zweite Beobachtung: Gleichzeitig hat sich aber einiges verändert in der Schweiz. Und immer mehr von den Dingen, die sich bei uns geändert haben, wurden im Ausland entschieden oder zumindest massgeblich beeinflusst, oder sie sind dort entstanden. Und die Bindungen, die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen uns und dem Ausland werden immer augenfälliger. Es ist ja nicht so, dass sich bei uns nichts geändert hat, nur weil diese Änderungen stetig erfolgt waren und man sich an sie gewöhnen konnte. Ich meine, vor 20 Jahren betrug das Budget des Bundes 47 Milliarden Franken, heute sind es über 70 Milliarden Franken, man werweisste damals, ob man nur zwei oder doch besser drei neue AKW bauen sollte, und an der Spitze der Schweizer Fussballmeisterschaft stand noch der Grasshopper Club Zürich. Das alles hat sich (mehr oder weniger) kontinuierlich geändert.

Nehmen Sie unsere Wirtschaft: Der Arbeitsmarkt ist in den letzten 20 Jahren wesentlich internationaler geworden. Bedeutend mehr Grenzgänger, bedeutend mehr ausländische Fachkräfte, aber auch mehr internationale Besetzung in der Chefetage: Zurzeit sind mehr als die Hälfte der CEO aller börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz Ausländer. Das Wachstum der Wirtschaft war erheblich stärker als in den 1990er-Jahren, auch pro Kopf. Heute exportieren wir, gemessen in Franken, mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2000 (auch wenn vor allem dank der Chemie- und der Pharmabranche). Und das hat auch zu mehr Investitionen aus dem Ausland beigetragen: Der Kapitalbestand ausländischer Direktinvestitionen in der Schweiz hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, auf inzwischen über 1000 Milliarden Franken.
 

Was auch auffällig ist:
Geldpolitische Leitzinsen (in %)

Das da, diese fundamentale Veränderung und Folge der Finanzkrise vor zwölf Jahren: Noch nie hatten wir über so lange Zeit so tiefe Zinsen, praktisch bei Null oder sogar negativ. Niemals hätte das jemand vor 20 Jahren vorausgesagt. Dieser meines Erachtens grundsätzlichste Wechsel in den Parametern hat strukturelle Konsequenzen, insbesondere für unsere Vorsorgeeinrichtungen. Und wir wissen nicht, wie wir aus diesem «japanischen Szenario» herauskommen sollen. Kurz, unsere Wirtschaft hat sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert, und zwar massgeblich aufgrund internationaler Entwicklungen.

Und ich habe jetzt nicht einmal von der Digitalisierung gesprochen, die fast alle Bereiche der Wirtschaft völlig verändert hat. Sie haben bestimmt mit grossem Interesse verfolgt, dass der Bundesrat gestern die Botschaft zur Legislaturplanung verabschiedet hat. Diese fasst die wichtigsten Ziele und Geschäfte des Bundesrates für die nächsten vier Jahre zusammen und wird in der Regel kurz nach Erscheinen gleich wieder komplett vergessen. In der letzten «Legislatur-Botschaft» vom Januar 2016, kam das Wort «Digitalisierung» noch gar nicht vor. Heute wird der Ausdruck derart inflationär verwendet, dass man sich etwas mehr Zurückhaltung wünschen würde, aber noch vor vier Jahren war der Begriff im «bundesrätlichen Slang» genauso unbekannt, wie «Internet of Things», «Distributed Ledgers» oder «Artificial Intelligence». Wenn jemand vor 15 Jahren von «5G» sprach, meinte man eine besonders hohe Beschleunigung. Und wenn ein Parlamentarier vor zehn Jahren Massnahmen gegen Huawei gefordert hätte, hätten Sie gedacht: Typisch, er war in Hawaii in den Ferien und weiss nicht einmal mehr, wie man es ausspricht. Vor zehn Jahren gab es noch kein WIFI in den Zügen, schon telefonieren zwischen Bern und Zürich war Glücksache. Heute haben wir mehr Smartphones in der Schweiz als Velos. Und das «kollektive Tastaturklappern» beherrscht den Hintergrundlärm in allen Zügen, vor allem, wenn sie wieder einmal unvermittelt stehen bleiben. 

KEYSTONE/PICTURE ALLIANCE/Blickwinkel/R. Koenig

Das hat sich ebenfalls geändert: Es ist das ausgewachsene Exemplar eines Buchsbaumzünslers, ein Schmetterling mit Migrationshintergrund. 

In der Regel erkennen Sie seine Anwesenheit so:

Bild: Tagesanzeiger

Der Buchsbaumzünsler ist erst seit 2007 in der Schweiz aktiv. Und es gibt eine Reihe weiterer Neozoen, von den asiatischen Marienkäfern, welche grosse Traubenschädlinge sind und unsere einheimischen Marienkäfer fressen, über die Riesenzecken bis zu den Maiswurzelbohrern und den marmorierten Baumwanzen, die sich vom Chinagarten der Stadt Zürich aus bösartig über den ganzen Kontinent verbreiteten. Invasive und andere Tierarten, welche in den letzten zwanzig Jahren eingeschleppt oder ausgesetzt wurden und hierzulande insbesondere wegen der Klimaerwärmung überleben können. Natürlich nicht nur in der Schweiz: Heute leben doppelt so viele Waschbären in Europa wie Steinböcke. Aber eben auch in der Schweiz. Und wie Sie im letzten Sommer aus den Medien erfahren haben, gibt es inzwischen sogar Alligatoren im Hallwilersee.

In den letzten zwanzig Jahren fanden global ein paar fundamentale Veränderungen statt, einige davon sehr positive. Andere verunsichern: Der Aufstieg Chinas. Auch wenn längerfristig keine Entwicklung garantiert ist: Sollte es China gelingen, das BIP pro Kopf nur schon auf die Hälfte des westlichen Niveaus anzuheben, dann wird dessen Wirtschaft doppelt so stark sein wie jene der USA und Europa zusammen. Diese Entwicklung hat Konsequenzen für die Schweiz. Der Abschied der USA von ihrer Rolle als globale Ordnungsmacht. Das hatte bereits und hat auch in Zukunft Konsequenzen für die Schweiz. Der vor zwanzig Jahren noch undenkbare Anstieg populistischer und nationalistischer Bewegungen, die in einigen Staaten, insbesondere in Europa, nur noch eine schwere Rezession weit entfernt sein dürften von der Machtübernahme. Der wachsende Streit zwischen China und den USA. Der Zwiespalt in der NATO. Und schliesslich Europa: Immer noch sehr wichtig, aber Brexit-gespalten, wirtschaftlich schwächelnd, politisch unentschieden, und – wie Philip Hammond kürzlich hier in Zürich ausführte – «in the long run, a rule taker and not a rule maker. The only real question is: whose rules». Das alles hat früher oder später spürbare Folgen für die Schweiz.

Ob Terrorismus oder Migration, ob technologischer Fortschritt oder technologische Bedrohung, ob Neugestaltung der Besteuerung internationaler Unternehmen durch die OECD oder die Regulierung der internationalen Finanzmärkte durch den IMF, ob Biodiversität oder Klima: Immer mehr Dinge, die uns betreffen, finden überall statt. Und je offensichtlicher diese Feststellung wird, desto gegensätzlicher werden die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden: «Wir gehen unseren eigenen Weg» sagen verärgert die einen, «Hört auf, es gibt keine eigenen Wege mehr» meinen die andern. Und es dürfte in Zukunft nicht einfacher werden, über diese Gräben Brücken zu bauen.
 

Spannungen im Gebälk der Institutionen

Und das führt mich zur dritten Beobachtung: In diesem Umfeld der schwierigen und zum Teil heftigen Debatten - über Souveränität, über Beitritt und Austritt, über eigene Kompetenzen und fremde Richter und über zunehmende Sachzwänge, die sich aus der internationalen und globalen Entwicklung ergeben - ist etwas für die Schweiz nicht ganz Untypisches entstanden: Statt dass man sich auf konkrete Interessen gegen aussen zu einigen versuchte, begannen im Innern die verschiedenen Institutionen über die Zuständigkeiten zu verhandeln: Das Parlament mit dem Bundesrat, der Bundesrat mit den Kantonen, das EDA mit den anderen Departementen und umgekehrt. «Wer hat die Federführung?» lautet heute die erste Frage. Wer wird wann und wie konsultiert? Wer ist in der Verhandlungsdelegation? Wer zieht welche roten Linien? Usw. Und tatsächlich ist die Situation alles andere als eindeutig: Es heisst zwar klar in der Bundesverfassung: «Der Bundesrat besorgt die auswärtigen Angelegenheiten.» (BV Art. 184 Abs. 1). Aber dann geht es gleich weiter mit den Worten: «…unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung». Was «Mitwirkung» in diesem Zusammenhang genau bedeutet, ist nicht ohne Weiteres verständlich, aber dass die Bundesversammlung bei der «Willensbildung über wichtige aussenpolitische Grundsatzfragen und Entscheide mitwirkt», steht dann wieder schwarz auf weiss im Parlamentsgesetz (ParlG, Art. 24 Abs. 1). Weiter liest man in der Verfassung: «Die auswärtigen Angelegenheiten sind Sache des Bundes» (BV Art. 54 Abs. 1), was wenigstens im Verhältnis zu den Kantonen Klarheit schaffen sollte - würde man nicht schon im darauffolgenden Artikel die Formulierung finden: «Die Kantone wirken an der Vorbereitung aussenpolitischer Entscheide mit, die ihre Zuständigkeiten oder ihre wesentlichen Interessen betreffen» - also eigentlich fast überall. Man findet im Gesetz einen ganzen Strauss von Vorschriften, wer in welchen Dingen wen vorgängig zu konsultieren hat, und es scheint, als würden alle irgendwo «mitwirken», wenn es um Aussenpolitik geht, aber eindeutig ist hier nichts. Mit der Folge: Wir sagen zwar: «Aussenpolitik ist Interessenpolitik», aber wenn die Meinungen über die Interessen auseinandergehen, beruft sich jeder auf jene Stellen in Verfassung und Gesetz, die ihm am meisten zusagen, und beschwert sich, dass der andere eben diese zu wenig respektiert. Und es scheint zuweilen, als hätte sich die Situation, die Napoleon um 1800 in der Schweiz angetroffen hat, in diesem Punkt gar nicht wesentlich geändert.

Tatsächlich hat kaum ein Gegenstand die Beziehungen zwischen Bundesrat und Parlament in den letzten Jahren so gereizt wie der aus Sicht des Parlaments mangelnde Einbezug der Bundesversammlung in die Aussenpolitik, sei es nun bei der Debatte um «Softlaw», beim Migrationspakt, bei Kriegsmaterialexporten, dem Abschluss von Freihandelsabkommen, bei der Schliessung von Konsulaten oder bei der Übermittlung von Steuerdaten.

Auch mit den Kantonen mussten in den letzten Jahren einige Sitzungen einberufen werden, um die Wogen zu glätten. Und selbst innerhalb der Bundesverwaltung gärt es zuweilen. Als ich 1989 in die Verwaltung eintrat, war die Aussenpolitik im Wesentlichen eine Angelegenheit des Aussen- und des Volkswirtschaftsdepartements. Die Beziehungen zwischen den zwei Departementen waren nicht immer einfach, und in der Regel wurden sie schriftlich abgewickelt. Ging ein Mitarbeiter des EDA vom Bundeshaus West ins Bundeshaus Ost hinüber zum Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI), dann sah man ihm nach auf dem Gang, und wenn er wieder lebendig zurückkam, empfing ihn die Sektion zum Kaffeegespräch und wollte wissen, wie es ihm ergangen sei (ich übertreibe jetzt ein bisschen). Heute ist der Austausch einfacher, aber auch viel nötiger. Denn heute machen alle sieben Departemente Aussenpolitik, und es bestehen viele verschiedene Gremien, um Kohärenz, Transparenz und Effizienz sicherzustellen. Es ist nicht einfach beim Bund, Prioritäten und Posterioritäten zu setzen, wenn die Priorität im einen Departement sein soll, und die Posteriorität im andern. Und damit ist Aussenpolitik vielfältig, aber auch ziemlich kompliziert geworden.

Netzwerken!

Meine Damen und Herren, ich möchte diese drei Beobachtungen jetzt nicht als Ausgangspunkt für eine Analyse unserer Europapolitik nutzen. Das mache ich im Bundeshaus und nicht in diesem Kreis - auch wenn mir bewusst ist, dass wir hier ganz unter uns sind. Aber auf ein grundsätzliches Missverständnis, das seit sehr langer Zeit - insbesondere in den seit den 1950er-Jahren geführten Diskussionen über unser Verhältnis zu Europa – immer wieder bewusst geschürt oder implizit verwendet wird, möchte ich kurz eingehen: auf das Verständnis nämlich, dass die einzige Alternative zu keiner Aussenpolitik darin besteht, dass wir eine grossspurige, unbeholfene und unschweizerische Machtpolitik führen würden. Als ob es nur zwei Möglichkeiten gäbe: sich aussenpolitisch bescheiden zu enthalten oder sich im Sumpf der internationalen Politik zu versündigen. «Denn der Tag, an dem wir (…) mit dem Auslande Heimlichkeiten mächelten», so meinte schon Carl Spitteler an einer weniger oft zitierten Stelle seiner Rede zum «Schweizerischen Standpunkt», «…der Tag, an dem wir mit dem Auslande Heimlichkeiten mächelten und irgendwelche Bündnisse abschlössen, wäre der Anfang vom Ende der Schweiz», meinte er. Und er nahm dabei eine Zurückhaltung auf, die bereits zu Beginn des Bundesstaates bestand und auch vom Bundesrat vertreten wurde. So war es kein Zufall, dass die Landesregierung dem Aussenminister zunächst nur einen einzigen Mitarbeiter zur Seite stellte. Und ihm diesen nach zwei Jahren wieder wegnahm, in der Meinung, es gehe auch ohne ihn (im Übrigen fand er, dass die «auswärtigen Angelegenheiten» ein bundesrätliches Portfolio nicht ausfüllen, weshalb er dem Aussenminister auch noch das Dossier «innere Sicherheit» anvertraute). Ganz bewusst setzte der Bundesrat im 19. Jahrhundert den Schwerpunkt auf den Ausbau des konsularischen und nicht des diplomatischen Aussennetzes. Auf technischem oder wirtschaftlichem Gebiet engagierte er sich fast fieberhaft, suchte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, schloss bilaterale Verträge und brachte internationale Organisationen in die Schweiz. Die klassische Diplomatie jedoch blieb ihm suspekt. Und nicht nur ihm: Die Basler Zeitung warnte im Zusammenhang mit einem möglichen Gegenbesuch des Bundespräsidenten in Frankreich noch vor 100 Jahren davor, dass Bundesräte auf fremdländischen Parketten «zwischen ängstlicher Etikettsklaverei und outrierter Hemdsärmlichkeit hin und herpendeln würden». Und die NZZ erklärte zur Idee einer Reise nach Paris in schon damals schnörkelloser Höflichkeit: «Der Bundesrat müsste ja das primitivste Verständnis für unsere Auslandpolitik verloren haben».

 

Wir dürften auch das einzige Land auf der ganzen Welt sein, das je eine Volksabstimmung über das Salär ihres Botschafters in Washington durchführte. (1884: Das Volk lehnte eine jährliche Entschädigung in der Höhe von 10000 Franken mit 61,4% deutlich ab).

Jahrzehntelang hat sich diese Einstellung erhalten, und bis heute wird in Fernsehdiskussionen der Eindruck nüchterner Bodenständigkeit gesucht, indem man in seine Argumentation den Hinweis auf ein «unnötiges Reisli nach Brüssel» oder eine spöttische Bemerkung über die vergeistigten Diplomaten einbaut.

Das ist alles nachvollziehbar, und gleichzeitig ist es ein längst überholtes Stereotyp. Im Gegenteil, wenn ich eine persönliche Schlussfolgerung ziehen und eine Empfehlung machen müsste, in welche Richtung sich unsere Aussenpolitik entwickeln sollte, ich würde sagen: Netzwerken! Verbindungen knüpfen und pflegen. International nicht nur Güter und Dienstleistungen austauschen, sondern auch Meinungen. Expertise einbringen und Erkenntnisse zurückbringen. Netzwerken auf allen Ebenen und mit allen Staaten. Netzwerken in internationalen Organisationen, in denen wir vertreten sind. Und erst recht dort, wo wir nicht dabei sein können oder nicht dabei sein wollen, wenn unsere Interessen betroffen sind. Und ich meine jetzt nicht das Herumstehen an beliebigen Veranstaltungen, und auch nicht das peinliche Faxenmachen und innige Umarmen vor laufenden Kameras, um die gefundene Freundschaft mit dem Amtskollegen zu demonstrieren. Sondern das anstrengende Netzwerken, jenes, bei dem man durch Kompetenz auffällt, durch konstruktive Ideen und durch glaubwürdige Vorschläge. Das ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Gutes Netzwerken setzt echtes Interesse am aussenpolitischen Geschehen voraus. Wir haben mehrere aussenpolitische Probleme und Krisen verschlafen, weil es einfacher war, die Entwicklung im Ausland zu verdrängen, als sich ernsthaft mit ihr auseinanderzusetzen. Aber es ist eben schon so, wie wir in der Schule gelernt haben: Nur in der Quantenmechanik funktioniert die Welt anders, wenn man nicht hinschaut. Auf makroskopischer Ebene ist das keine so gute Idee.

Netzwerken bedeutet auch internationales Engagement. Wenn Sie sich achten: Wir in der Schweiz sind eigentlich Weltmeister im Netzwerken. Allerdings vernetzen wir uns politisch fast ausschliesslich im Inland. Die Kantone untereinander, Parlament und Bundesrat, Bundesrat und Wirtschaft, Wirtschaft und Parlament. In unterschiedlichster Zusammensetzung, an verschiedensten Orten, freiwillig oder vorgeschrieben, und praktisch permanent. Fehlt ein Departementschef in einer Kommissionssitzung - und es gibt viele Kommissionssitzungen! - kann das kritische Fragen provozieren. Fehlt eine Nationalrätin an einer Abstimmung im Rat, weil sie sich gerade im Europarat engagiert, setzt es nicht nur Fragen ab. Und fehlt ein Bundesrat an einer Parlamentssession, weil er sich zu lange an der UNO-Generalversammlung aufhält, pfeift man ihn zurück. Ich habe auch noch keine Bundesratswahl erlebt, bei der sich eine Kandidatin oder ein Kandidat auf ein internationales Netzwerk berufen konnte. Und vielleicht sollten wir anfangen, darüber nachzudenken. Denn so viel unser System von diesem ständigen Konsultieren und Absprechen und nochmals Abgleichen in der Innenpolitik profitiert, so klar wird es in Zukunft Platz und Ressourcen brauchen, damit die dafür bestellten Bundesräte, Diplomaten und Mitglieder der aussenpolitischen Kommissionen ihre Aufgaben auch wahrnehmen können. Schon seit Jahren weichen die Mitglieder des Bundesrates auf ihre Ferien aus, um aussenpolitische Pendenzen abzubauen. Auf die Dauer wird das nicht reichen.

Meine Damen und Herren, Netzwerken ist kein Ersatz für eine fehlende oder eine schlechte Aussenpolitik. Aber es ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Aussenpolitik. Und ich bin überzeugt, wir können ein gutes Netzwerk brauchen. Jene schwülen Hochsommertage 1940, die ich zu Beginn erwähnt habe, waren ein Tiefpunkt in der Geschichte dieses Kontinents, für die Schweiz eine «äusserste Krisensituation» wie Herbert Lüthy meinte. Damals schrieb Albin Zollinger seinem Schriftstellerkollegen Ludwig Hohl: «Einen schönen Satz von Burckhardt muss ich dir doch mitteilen. ‹Der Teufel hat den Verstand verloren und rührt nun mit grossem Besenstiel alle Verhältnisse durcheinander›. Der Teufel hat den Verstand verloren... Denk darüber nach.» Wenn man heute die Nachrichten aus dem Ausland verfolgt und versucht, sich darauf einen Reim zu machen, erhält man vielleicht noch nicht den Eindruck, der Teufel sei im Begriff, den Verstand zu verlieren. Aber es beschleicht einen der Verdacht, dass er entweder daran ist, seine Schlingen und Fallen auf eine perfide Weise auszulegen, oder dass er angetrunken ist. Viele vermeintliche Sicherheiten sind uns in den letzten Jahren abhandengekommen. Da und dort wird gezeuselt. Und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass soziale Medien nicht nur Freundschaften und Liebschaften begründen, sondern auch Demokratien nachhaltig vergiften können, haben einzelne Präsidenten und Minister diesen Beleg in der Zwischenzeit auf eindrückliche Weise geliefert.

Wie gesagt: Die Welt ist unsicherer, unbeständiger, undurchsichtiger und in verschiedener Hinsicht unerfreulicher geworden. Es gibt auch positive Trends und konstruktive Reaktionen. Aber es wird in vielen Staaten mehr Verstand und Vernunft brauchen, um nicht in eine Zukunft zu schlittern, die zwar keiner will, aber plötzlich alle für unabwendbar halten.

Die Schweiz hat hier auch eine Verantwortung. Wir haben von diesen 75 Jahren Frieden in Europa genauso profitiert wie alle andern. Und nachfolgende Generationen werden zu recht einmal die Frage stellen: Was war denn der Beitrag der Schweiz? Gute Aussenpolitik ist mehr als die Verwaltung der Aussenbeziehungen plus fünf Pressemitteilungen pro Woche. Die Schweiz hat einiges Knowhow, hat ziemlich viel Erfahrung und verfügt in mehreren Bereichen über grosse Glaubwürdigkeit. Und dass wir genügend Selbstbewusstsein aufbringen, um nötigenfalls auch einem «Trump» zu widersprechen, haben wir bereits vor 80 Jahren bewiesen.

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